Sichtbarkeit für Hochschulen – Academic Entity Optimization (AEO) für digitale Reputation

Das Ende der blauen Links?

Einleitung

Wer heute nach einem Masterstudiengang Data Science oder nach dem Team einer Forschungsgruppesucht, bekommt die Antwort häufig nicht mehr über einen blauen Link. Generative Suchergebnisse („AI Overviews“) liefern schon auf der Ergebnisseite eine Zusammenfassung und binden Fakten aus Knowledge Panels ein. Laut einer repräsentativen Bain‑Studie vertrauen 80 % der Konsumentinnen bei mindestens 40 % ihrer Suchanfragen auf solche „Zero‑Click“‑Ergebnisse[1]; das hat den organischen Traffic bereits um 15–25 % reduziert[1]. Gleichzeitig endet über alle Altersgruppen hinweg rund 60 % der Suchanfragen ohne Klick[2], und 40–70 % der Nutzerinnen großer Sprachmodelle wie ChatGPT oder Perplexity verwenden diese Plattformen, um zu recherchieren oder Informationen zu summarieren[3].

Die Hochschulkommunikation hat sich parallel professionalisiert und konkurriert längst nicht mehr nur mit Nachbar‑Universitäten, sondern mit globalen Such‑ und Wissenssystemen. Der Wettbewerb um Aufmerksamkeit wird digital ausgetragen: Universitäten werden über Rankings, Social‑Media‑Kanäle und generative Suchmaschinen bewertet; Kommunikationsabteilungen müssen gleichzeitig informieren, werben und Reputation managen[4]. In dieser neuen Suchwelt reicht klassische SEO nicht mehr aus. Gefragt ist Academic Entity Optimization (AEO) – die Optimierung der digitalen Identität einer Hochschule, ihrer Studiengänge und Forschenden über Webseiten hinaus. Wer nicht als Entität in Wissensgraphen auftaucht, wird weder von Google noch von KI‑Systemen wahrgenommen.

„Die neue Sichtbarkeit entscheidet nicht mehr über Klicks – sondern über Vertrauen.“

Was ist Academic Entity Optimization?

Von Keywords zu Entitäten

Google hat sich vom reinen Keyword‑Matching verabschiedet. Im Rahmen der „semantischen Suche“ identifiziert die Suchmaschine Entitäten – Menschen, Organisationen, Orte oder Konzepte – und deren Beziehungen. Search Engine Land beschreibt, dass Google nicht mehr nur nach Begriffen sucht, sondern „Themen und Entitäten“ zur Steuerung der Ergebnisse nutzt[5]. Die Suchmaschine indexiert Webseiten, erkennt durch strukturierte Daten (Schema.org‑Markups) die Beziehung zwischen Entitäten und speichert diese Informationen im Knowledge Graph[5]. Beim Nutzeraufruf analysiert Google mittels Natural Language Processing (NLP) das Suchanliegen, greift auf den Knowledge Graph zu und präsentiert eine Mischung aus AI Overviews, Knowledge Panels und klassischen Links[6].

Ein Knowledge Graph besteht aus „Knoten“ (Entitäten) und „Kanten“ (Beziehungen). Einfache Tripel wie „Apple – ist ein – Unternehmen“ zeigen, wie Kontext entsteht[7]. Google bezieht diese Daten aus verschiedenen Quellen: öffentlichen Dokumenten, offenen Daten wie Wikipedia und Wikidata und den von Google gecrawlten Webseiten[8]. Diese Graphen sorgen dafür, dass ein Studiengang als eigenständige Entität erkannt wird und im Knowledge Panel neben den Suchergebnissen erscheint.

Wissen in Wissenspanels

Die Knowledge Panels sind automatisch generierte Informationsboxen, die erscheinen, wenn nach einer Person, Organisation oder einem Ort gesucht wird. Google erklärt in seiner Hilfe, dass diese Panels aus vielen Quellen gespeist werden: öffentliche Datenbanken, vertrauenswürdige Partner und Inhalte aus dem offenen Web[9]. Offizielle Vertreterinnen der dargestellten Entität können den Panel über einen Verifizierungsprozess beanspruchen und Änderungen vorschlagen[10]. Für Hochschulen bedeutet das: Nur wer sich als Entität* registriert, kann sicherstellen, dass Name, Ort, Logo oder Forschungsschwerpunkte korrekt dargestellt werden.

Persistent Identifiers: die DNA des AEO

Ein zentraler Baustein von AEO sind persistente Identifikatoren (PIDs). Sie verknüpfen Menschen, Organisationen und Forschungsergebnisse maschinenlesbar. Das US‑Energieministerium definiert PIDs als global eindeutige, maschinenauflösbare Kennzeichen, die mittels standardisierter Metadaten eine Entität identifizieren[11]. In der Praxis sind drei offene PIDs wichtig:

  • ORCID für Forscher*innen: Das von der UNESCO unterstützte System vergibt eindeutige 16‑stellige Kennungen. Es dient als Drehkreuz für Forschung, Affiliations und Publikationen; 2024 waren mehr als 20 Millionen ORCID‑IDs vergeben und 9 Millionen Profile aktiv[12]. ORCID‑Einträge werden von Google indexiert und verbessern die Auffindbarkeit[12].
  • DOI (Digital Object Identifier) für Publikationen: Die 1998 gegründete DOI‑Stiftung definiert DOIs als persistente, weltweit eindeutige Kennzeichen für wissenschaftliche Objekte[13]. DOIs verknüpfen Metadaten wie Titel, Autor*in und Veröffentlichungsort mit einem dauerhaften Link und erhöhen die Zitierfähigkeit und Sichtbarkeit[14].
  • ROR (Research Organization Registry) für Einrichtungen: Dieses 2019 gestartete Register ist eine offene, communitygetragene Datenbank mit über 116.000 Forschungs- und Förderorganisationen. ROR‑IDs sind frei verfügbar (CC0) und werden zunehmend in Forschungsmanagement‑Systeme integriert[15].

Die Kombination dieser Identifikatoren schafft maschinenlesbare Verbindungen: ORCID‑IDs können in DOI‑Metadaten eingetragen werden; Publikationen mit DOIs lassen sich in ORCID‑Profilen verknüpfen; ROR‑IDs wiederum verknüpfen Institutionen mit Personen und Objekten[16].

Wikidata und Wikipedia als öffentliche Quelle

Wikidata begann als zentrale Datenbank zur Verlinkung von Wikipedia‑Artikeln in verschiedenen Sprachen. Inzwischen enthält sie Millionen Entitäten und Eigenschaften, und Suchmaschinen wie Google nutzen sie, um Knowledge Panels zu füllen[17]. Wer als Hochschule Einträge in Wikipedia und Wikidata pflegt, sorgt dafür, dass korrekte Informationen in Suchergebnissen und LLMs erscheinen. Auch ResearchGate,Google Scholar oder LinkedIn dienen als sekundäre Quellen und sollten mit konsistenten Daten befüllt werden.

Wie funktioniert AEO in der Praxis?

Academic Entity Optimization ist kein Marketing‑Trick, sondern Bestandteil der Datenstrategie einer Hochschule. Der Prozess lässt sich in drei Schritte gliedern:

  1. Analyse – bestehende Darstellung verstehen. Prüfen Sie zuerst, wie Ihre Hochschule online erscheint: Gibt es ein Knowledge Panel, und ist es aktuell? Wie sind Studiengänge in Google, Bing oder ChatGPT repräsentiert? Erscheinen Professorinnen in Wikipedia oder verfügen sie über ORCID‑Profile? Das Volt‑Artikel zu generativer Suche betont, dass strukturierte Inhalte und zitatstarke Websites* besser in KI‑Ergebnissen erscheinen[18].
  2. Strukturierung – Daten maschinenlesbar machen.
  3. Schema.org‑Markups: Hinterlegen Sie auf Studiengangsseiten EducationalOrganization, Courseund FAQPage‑Markups. Der AEO‑Leitfaden für Bildungseinrichtungen empfiehlt, programmbeschreibungen kurz und definitorisch zu formulieren, Bulletpoints zu verwenden und strukturierte Metadaten einzubetten[19].
  4. Persistente Kennungen: Erfassen Sie ORCID‑IDs Ihrer Forschenden und verlinken Sie diese auf Profilseiten. Integrieren Sie DOIs für Publikationen und ROR‑IDs der Hochschule im Web‑Metadaten. Dadurch wird Ihre Institution in Wissensgraphen eindeutig identifizierbar und mit ihren Publikationen verknüpft[16].
  5. Übersichtliche Seitenarchitektur: Nutzen Sie klare Überschriften, aussagekräftige Beschreibungen und interne Verlinkungen. Jede Studiengangsseite sollte eine eindeutige URL und einen konsistenten Namen besitzen.
  6. Verknüpfung – Beziehungen herstellen.
  7. Cross‑Linking: Verlinken Sie die Hochschulwebsite mit Profilen auf Wikipedia, Wikidata, ResearchGate, ORCID und Google Scholar. Indem Sie ROR‑IDs und ORCID‑IDs gegenseitig referenzieren, bauen Sie maschinenlesbare Netze[16].
  8. Knowledge Panel beanspruchen: Überprüfen Sie, ob Google bereits ein Knowledge Panel für Ihre Hochschule erstellt hat. Als offizieller Vertreter können Sie diesen Panel verifizieren und Korrekturen vorschlagen[10]. Ergänzen Sie fehlende Attribute wie Logo, Gründungsjahr oder Standorte.
  9. Konsistenz über Plattformen: Sorgen Sie dafür, dass Namensvarianten (z. B. „Universität Bayreuth“ vs. „University of Bayreuth“) einheitlich verwendet werden. Die Suchmaschine erkennt sonst unterschiedliche Entitäten und verteilt das Suchvolumen.

Ein Beispiel verdeutlicht den Effekt: Sucht jemand nach „Master Data Science Berlin“, entscheidet AEO darüber, ob die betreffende Universität als Entität mit einem Wissenspanel erscheint und von LLMs wie ChatGPT genannt wird – oder ob nur generische Ratgeberseiten auftauchen. AEO optimiert somit nicht nur Rankings, sondern stärkt die digitale Reputation.

Mini‑Checkliste: Drei schnelle Hebel für bessere Auffindbarkeit

1. Entitäten definieren

  • Legen Sie für Fakultäten, Studiengänge und Professor*innen einheitliche digitale Profile an. Dazu gehören Name, Standort, Ansprechpartner*in, URL und Kurzbeschreibung.
  • Hinterlegen Sie Schema.org‑Markups (z. B. EducationalOrganization, Course, Person) und erstellen Sie Wikidata‑Einträge, um Beziehungen zwischen Entitäten abzubilden.
  • Verwenden Sie persistente IDs: ROR für die Hochschule, ORCID für Forschende, DOIs für Publikationen[16].

2. Offizielle Datenquellen vernetzen

  • Pflegen Sie konsistente Informationen in Wikipedia/Wikidata, ORCID, Google Scholar, ResearchGate und Hochschulrankings. Unterschiedliche Schreibweisen oder alte Logos verwirren die Knowledge Graph‑Algorithmen.
  • Kontrollieren Sie regelmäßig Ihr Knowledge Panel. Google generiert diese Boxen automatisch aus verschiedenen Quellen[9]; als offizielle Vertretung können Sie den Panel verifizieren und Änderungen vorschlagen[10].
  • Nutzen Sie Social‑Media‑Kanäle wie LinkedIn, um aktuelle Projekte, Preise oder Veröffentlichungen zu kommunizieren. Je häufiger verlässliche Quellen über Ihre Hochschule berichten, desto wahrscheinlicher ist es, dass generative KI‑Systeme Sie korrekt referenzieren[18].

3. Content semantisch aufbereiten

  • Schreiben Sie kurze, prägnante Absätze mit klaren Überschriften. Verwenden Sie Bulletpoints, Definitionen und Tabellen, damit KI‑Systeme Inhalte leicht extrahieren können[19].
  • Stellen Sie sicher, dass jede Studiengangs‑ oder Forschungsseite eine eindeutige URL und einen sprechenden Titel hat. Vermeiden Sie PDF‑Downloads als primäre Informationsquelle; sie werden von generativen AI‑Crawls schlechter gelesen[20].
  • Verlinken Sie intern: Eine Seite über den Studiengang sollte auf die Profile der Dozent*innen verweisen, um Beziehungen im Knowledge Graph abzubilden.

Hinweis: Diese drei Schritte verbessern nicht nur das Ranking in Google, sondern sorgen dafür, dass KI‑Systeme wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity Ihre Hochschule als vertrauenswürdige Quelle erkennen und zitieren.

Buzzword? Nicht wirklich…

AEO ist kein Buzzword, sondern eine Pflichtaufgabe für Hochschulen, die in einer KI‑geprägten Suchwelt sichtbar bleiben wollen. Suchmaschinen und Sprachmodelle berücksichtigen nicht nur Inhalte, sondern die Identität und Vernetzung von Entitäten[5][6]. Wer seine digitalen Stammdaten pflegt, strukturierte Metadaten nutzt und sich in offenen Knowledge Graphs verankert, wird sowohl von Menschen als auch von Maschinen gefunden.

Universitäten konkurrieren um Studieninteressierte, Forschende, Fördermittel und Reputation. In dieser Konkurrenz reicht es nicht aus, die eigene Website zu optimieren; erforderlich ist die Pflege einer holistischen digitalen Identität über Webseiten, Profile, Kennungen und Datenbanken hinweg. MAGISTER unterstützt Hochschulen bei dieser Aufgabe mit fachjournalistischen Analysen, strategischer Beratung und operativer Umsetzung.


[1] [2] [3] [20] Goodbye Clicks, Hello AI: Zero-Click Search Redefines Marketing | Bain & Company

https://www.bain.com/insights/goodbye-clicks-hello-ai-zero-click-search-redefines-marketing

[4] content

https://www.zora.uzh.ch/server/api/core/bitstreams/ca81ce22-09ec-444c-be05-9bb6cb8b6360/content

[5] [6] [7] [8] Semantic SEO: Optimize for Meaning, Not Just Keywords

[9] [10] About knowledge panels – Knowledge Panel Help

https://support.google.com/knowledgepanel/answer/9163198

[11] [16] How Persistent Identifiers Work Together in the Research Ecosystem – ORCID US Community

[12] ORCID: Identifying researchers and tracing authorship with unique IDs – Open and Inclusive Science Hub

https://www.unesco.org/en/open-science/inclusive-science/orcid-identifying-researchers-and-tracing-authorship-unique-ids

[13] [14] Digital Object Identifiers (DOIs)

https://projects.tib.eu/pid-service/en/persistent-identifiers/digital-object-identifiers-dois

[15] Research Organization Registry (ROR) | Home

https://ror.org

[17] ARL White Paper on Wikidata: Opportunities and Recommendations

https://www.arl.org/wp-content/uploads/2019/04/2019.04.18-ARL-white-paper-on-Wikidata.pdf

[18] Kean University’s Adjustments for AEO | Volt

[19] AEO for Education: How Schools Can Rank in AI Summaries

https://www.ranktracker.com/blog/aeo-for-education

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