Markenentwicklung im Hochschulsektor

Markenentwicklung im Hochschulsektor: Von der Studiengangsmarke zur Hochschulmarke

Hochschulen und Universitäten befinden sich in einem zunehmend dynamischen Wettbewerbsumfeld. Nationale wie internationale Sichtbarkeit, die Attraktivität für Studierende und die Relevanz im Bildungsmarkt stehen mehr denn je im Fokus. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, spielt die strategische Markenführung eine zentrale Rolle. Dabei können Hochschulen unterschiedliche Entwicklungsrichtungen einschlagen: den Weg hin zu einer einheitlichen Hochschulmarke oder eine stärkere Differenzierung einzelner Fakultäten und Studiengänge. Ein Modell zur Veranschaulichung dieser Prozesse ist die Typologie von Markenentwicklungen, wie sie von Becker (2013, S. 202) dargestellt wird.


Markenevolution: Vom Studiengang zur Hochschule

Die Markenevolution beschreibt den Prozess, in dem Hochschulen ihre bisher dezentralisierte Markenstruktur zu einer einheitlichen Dachmarke entwickeln. Das Ziel ist eine starke, konsistente Markenidentität, die die Universität als Ganzes in den Vordergrund stellt und somit national wie international Wiedererkennbarkeit schafft.

Studiengangsmarken: Die Ausgangsbasis

Im Ausgangszustand agieren Studiengänge wie eigenständige Marken. Sie verfügen über individuelle Logos, Websites und Kommunikationsstrategien. Dies mag zunächst sinnvoll erscheinen, da sich Studiengänge auf spezifische Zielgruppen ausrichten können. Doch der Nachteil liegt in der fragmentierten Außenwahrnehmung: Die Hochschule als Institution tritt in den Hintergrund, und Synergiepotenziale werden nicht genutzt.

Fakultätsmarken: Der Übergang

Eine Zwischenstufe auf dem Weg zur Dachmarke ist die Entwicklung von Fakultätsmarken. Hierbei werden Studiengänge innerhalb eines Fachbereichs oder einer Fakultät unter einer gemeinsamen Identität gebündelt. So könnten beispielsweise alle wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge einer Universität unter der Marke „Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität X“ kommuniziert werden. Diese Bündelung schafft eine klare Zuordnung und erhöht die Wahrnehmung der Fakultät als Kompetenzzentrum.

Hochschulmarken: Die Krönung

Die Endstufe der Markenevolution ist die Entwicklung einer einheitlichen Hochschulmarke. Fakultäten und Studiengänge treten hier nicht mehr unabhängig auf, sondern ordnen sich der Dachmarke der Universität unter. Die gesamte Kommunikation – vom Logo über die Website bis zur internationalen Vermarktung – zielt darauf ab, die Universität als Ganzes zu stärken. Studiengänge und Fakultäten werden nur noch als Teil des größeren Markenkonzepts wahrgenommen, z. B. „BWL an der Universität X“.

Vorteile der Markenevolution

Eine einheitliche Hochschulmarke bietet klare Vorteile: Sie schafft Konsistenz, reduziert den Aufwand für individuelle Marketingmaßnahmen und stärkt die Reputation der Institution als Ganzes. Insbesondere auf dem internationalen Bildungsmarkt kann eine starke Dachmarke entscheidend für den Erfolg sein, da Universitäten mit einer klaren Identität deutlich sichtbarer auftreten.


Markenrestrukturierung: Von der Hochschule zum Studiengang

Der entgegengesetzte Weg ist die Markenrestrukturierung. Hierbei lösen sich Hochschulen von einer zentralisierten Dachmarkenstruktur und geben Fakultäten oder Studiengängen mehr Eigenständigkeit. Dieser Ansatz kann besonders in wettbewerbsintensiven Fachbereichen sinnvoll sein, um Spezialisierungen und Exzellenz hervorzuheben.

Hochschulmarken: Die Ausgangslage

Viele Universitäten starten mit einer stark zentralisierten Struktur. Die Dachmarke steht im Fokus, während Fakultäten und Studiengänge nach außen hin kaum sichtbar sind. Dies kann jedoch problematisch sein, wenn spezialisierte Programme oder international renommierte Fakultäten unterrepräsentiert bleiben.

Fakultätsmarken: Der erste Schritt

Um solchen Herausforderungen zu begegnen, können Fakultäten eigenständige Marken entwickeln. Eine Fakultät für Ingenieurwissenschaften könnte beispielsweise als „Engineering School der Universität X“ auftreten, um gezielt internationale Fachkräfte anzusprechen und ihre Kompetenz in Forschung und Lehre zu betonen.

Studiengangsmarken: Maximale Differenzierung

In der Endstufe der Markenrestrukturierung entwickeln Studiengänge eigenständige Identitäten. Dies könnte bei besonders spezialisierten Programmen sinnvoll sein, etwa „Medizintechnik an der Universität X“, die sich gezielt an Fachkräfte und Arbeitgeber aus dem Gesundheitsbereich richtet. Solche Einzelmarken ermöglichen es, spezifische Zielgruppen mit maßgeschneiderten Botschaften anzusprechen.

Vorteile der Markenrestrukturierung

Die Differenzierung durch Fakultäts- oder Studiengangsmarken erlaubt eine zielgerichtete Kommunikation. Besonders spezialisierte Programme können sich unabhängig positionieren, ihre Eigenständigkeit betonen und so auf spezifische Märkte und Zielgruppen eingehen. Dies ist insbesondere für Fachbereiche mit starkem Forschungsprofil oder klarer Zielgruppendefinition von Vorteil.


Die richtige Strategie für Hochschulen

Ob eine Hochschule den Weg der Markenevolution oder der Markenrestrukturierung wählt, hängt von ihrer Zielsetzung und Wettbewerbssituation ab. Während die Markenevolution sich für Hochschulen eignet, die international konsistent auftreten und ihre Institution als Ganzes stärken wollen, ist die Markenrestrukturierung ideal für Universitäten, die stark spezialisierte Programme oder Fakultäten hervorheben möchten.

Fazit

Die Entwicklung von Hochschulmarken ist eine strategische Entscheidung mit weitreichenden Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Wettbewerbsfähigkeit einer Institution. Hochschulen, die ihre Markenführung aktiv steuern, können nicht nur ihre Attraktivität bei Studierenden und Forschenden steigern, sondern auch im internationalen Vergleich eine deutlich bessere Position erreichen.

Quelle: Becker, J. (2013): Typische Entwicklungsrichtungen bei Veränderungen des Markentyps. In: Grundlagen des Markenmanagements, S. 202.

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